04. Weitere Ansprüche, Straftatbestände und Ordnungswidrigkeiten des UWG

A. Anspruch auf Ersatz von Rechtsverteidigungskosten bei missbräuchlicher Geltendmachung von Ansprüchen nach § 8c III UWG

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Der von der Geltendmachung von Ansprüchen ausgehenden Missbrauchsgefahr steht das Verbot der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen nach § 8c I UWG und dem Anspruch auf Ersatz der hierdurch entstehenden Rechtsverteidigungskosten nach § 8c III UWG entgegen. Liegt eine missbräuchliche Geltendmachung von Abwehransprüchen nach § 8c I UWG vor, ist die hierauf gerichtete Klage als unzulässig abzuweisen.

Ein Anspruch auf Ersatz von Rechtsverteidigungskosten bei missbräuchlicher Geltendmachung von Ansprüchen kann nach folgendem Schema geprüft werden:

  1. Geltendmachen eines Unterlassungsanspruchs nach § 8 I UWG
  2. Missbräuchliche Geltendmachung (insbesondere Fallgruppen des § 8c II UWG)
  3. Erforderliche Rechtsverteidigungskosten

1. Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs

→ Hauptartikel zum Unterlassungsanspruch: UWG-02. Anspruch auch Unterlassung nach § 8 I 1 UWG

Ein Anspruch auf Ersatz von Rechts­verteidigungs­kosten besteht nur bei der gerichtlichen Geltendmachung eines Unterlassungs­anspruchs nach § 8 I UWG, sowie bei der vorprozessualen Geltendmachung in Form einer Abmahnung.[1] Zu berücksichtigen ist hierbei insbesondere die Aktivlegitimation nach §§ 8 III Nr. 1 – 4, 8a UWG.

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Eine analoge Anwendung auf sonstige Ansprüche, insbesondere auf Schadensersatz- und Aufwendungsersatz, vertragliche und deliktische Ansprüche sowie im Immaterialgüterrecht ist mangels planwidriger Regelungslücke ausgeschlossen. Es kann jedoch das Rechtsmissbrauchsverbot nach § 242 BGB eingreifen.[2]

Seit dem Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs ist § 8c UWG (§ 8 IV 1 UWG 2016) eine eigene Vorschrift.

2. Missbräuchliche Geltendmachung

a. Grundlagen

Eine missbräuchliche Geltendmachung liegt vor, wenn unter Berücksichtigung und Abwägung aller maßgeblichen Einzelumstände das Geltendmachen überwiegend von sachfremden, nicht schutzwürdigen Interessen und Zielen geleitet ist.[3]

Neben den Fallgruppen des § 8c II UWG, denen eine Indizwirkung zukommt, sind in der Abwägung zu berücksichtigen

  1. Verhalten des Gläubigers bei der Verfolgung dieses und anderer Verstöße, insbesondere
    1. das Vorliegen schonender Möglichkeiten der Anspruchsdurchsetzung,
    2. das Verhältnis zwischen der Abmahntätigkeit und der gewerblichen Tätigkeit (§ 8c II Nr. 2 Hs. 1 UWG),
    3. die Höhe von verlangten bzw. erreichten Prozesskosten, Abmahngebühren oder Vertragsstrafen (§ 8c II Nr. 1, 3, 5 UWG),
    4. das wirtschaftliche Interesse an der Verfolgung des Wettbewerbsverstoßes und
    5. ob bei einer großen Anzahl von Abmahnungen und beim Ausbleiben der Unterwerfung, in der Regel eine gerichtliche Klärung herbeigeführt wird.[3a]
  2. Verhalten des Schuldners nach dem Verstoß,
  3. Art und Schwere der unlauteren Handlung und
  4. das Verhalten anderer Anspruchsberechtigter.[4]

Darüber hinaus kann für ein missbräuchliches Geltendmachen sprechen, wenn die Rechtsverfolgung im Inte­resse Dritter erfolgt – somit als Strohmann – oder eine Mitbewerberbehinderung verfolgt wird.[5]

b. Fallgruppen des § 8c II UWG

Denen in § 8c II UWG aufgezählten Fallgruppen kommt eine Indizwirkung für das Vorliegen einer missbräuchlichen Geltendmachung zu, dennoch ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich.

Hervorzuheben ist, dass eine missbräuchliche Geltendmachung im Zweifel anzunehmen ist, wenn

  1. vorwiegend Ersatz von Aufwendungen und Kosten sowie die Zahlung einer Vertragsstrafe bezweckt wird (§ 8c II Nr. 1 UWG),
  2. in einer Vielzahl von gleichartigen Verstößen abgemahnt wird (§ 8c II Nr. 2 UWG),
  3. der Gegenstandwert unangemessen hoch angesetzt wird (§ 8c II Nr. 3 UWG),
  4. offensichtlich überhöhte Vertragsstrafen vereinbart oder gefordert werden (§ 8c II Nr. 4 UWG).

3. Erforderliche Rechtsverteidigungskosten & Beweislast

Der Anspruch erfasst den Ersatz der erforderlichen, tatsächlich entstandenen Aufwendungen, erfasst die Freistellung von der Zahlung der Kosten des Rechtsanwalts und entspricht dem Aufwendungs­ersatz­anspruch nach § 13 III UWG.[6]

Im Rahmen der gerichtlichen Geltendmachung ist nach der h.M. das Vorliegen eines Missbrauchs von Amts wegen zu prüfen. Die Beweislast im Fall eines „non-liquet“ obliegt dem Gläubiger, das Vorliegen eines Missbrauchs und den ersatzfähigen Schaden zu beweisen.[7]

4. Nachweise

[1] Ohly/Sosnitza/Ohly, 8. Aufl. 2023, UWG § 8c Rn. 5.

[2] Ausführlich Köhler/Bornkamm/Feddersen/Feddersen, 41. Aufl. 2023, UWG § 8c Rn. 9 m.w.N.

[3] BGH GRUR 2016, 961 (962, Rn. 15) – Herstellerpreisempfehlung bei Amazon m.w.N.

[3a] OLG Hamm GRUR 2023, 1126 – Untätiger Abmahner.

[4] Ausführlich Ohly/Sosnitza/Ohly, 8. Aufl. 2023, UWG § 8c Rn. 7 f., Köhler/Bornkamm/Feddersen/Feddersen, 41. Aufl. 2023, UWG § 8c Rn. 11.

[5] Vgl. ausführlich zu den Fallgruppen MüKoUWG/Fritzsche, 3. Aufl. 2022, UWG § 8c Rn. 57 ff.

[6] MüKoUWG/Fritzsche, 3. Aufl. 2022, UWG § 8c Rn. 94.

[7] Köhler/Bornkamm/Feddersen/Feddersen, 41. Aufl. 2023, UWG § 8c Rn. 42.

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