Fall 1 – Corona-Reisegutschein (OLG Frankfurt a. M. GRUR 2023, 80)

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beruht auf OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 15.09.2022 – 6 U 191/21

§ 3 I UWG | § 3a UWG | § 4a I UWG | § 5 II Nr. 7 UWG | § 5a I UWG | § 5b I Nr. 5 UWG | § 651h III BGB

Unterlassungsanspruch | Beseitigungsanspruch | Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift | Aggressive geschäftliche Handlung | Irreführung über Rechte von Verbraucher | Vorenthalten von Informationen

Sachverhalt

Am 28.05.2023 teilt B, eine Reiseveranstalterin, die Verbrauchern die Möglichkeit bietet, online Pauschalreisen zu buchen, auf ihrer Webseite unter dem Link „Aktuelle Corona-Informationen finden Sie hier“ einen Hinweis darüber, dass sie wegen vieler Anfragen schwer erreichbar sei und dass Gäste mit einer Abreise bis zum 30. Juni 2023 in der Reihenfolge ihrer Abreise unaufgefordert kontaktiert werden. Das Team erarbeite alternative Angebote für Reisen im nächsten Jahr. Weiter heißt es: „Wir würden uns freuen, wenn Sie Ihre Traumreise mit X um ein Jahr verschieben …“. Ferner bittet die Beklagte darum, aktuell von Rückfragen abzusehen, „bis das Schreiben bei Ihnen ist“.

K, der bundesweit tätige Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer, ist der Ansicht, durch diese Hinweise würden Kunden davon abgehalten, ihre Reise gegen Rückerstattung des Reisepreises zu stornieren. Einerseits würden Kunden unzureichend über ihren gesetzlichen Rückzahlungsanspruch durch Rücktritt nach § 651h III BGB informiert und andererseits zur Annahme eines Reiseangebots zu einem Alternativtermin veranlasst. B mahnt K mit Schreiben vom 24.06.2020 ab und fordert sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ab. Nachdem B mit anwaltlichem Schreiben die Ansprüche zurückweist, erhebt K Klage vor dem LG Frankfurt a. M. auf Beseitigung der Meldung und Unterlassung von Hinweisen auf die Option der Umbuchung.

Besteht ein Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch?

Bearbeitervermerk: K ist in der Liste nach § 4 UKlaG eingetragen.

Auszug aus § 651h BGB

(1) 1Vor Reisebeginn kann der Reisende jederzeit vom Vertrag zurücktreten. 2Tritt der Reisende vom Vertrag zurück, verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. 3Der Reiseveranstalter kann jedoch eine angemessene Entschädigung verlangen.

(3) 1Abweichend von Absatz 1 Satz 3 kann der Reiseveranstalter keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. 2Umstände sind unvermeidbar und außergewöhnlich im Sinne dieses Untertitels, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.

Gliederung

  1. Anspruch auf Unterlassung nach § 8 I 1 UWG
    1. Vorliegen einer geschäftlichen Handlung
    2. Unzulässigkeit der geschäftlichen Handlung nach
      1. § 3 I UWG i.V.m. §§ 3a UWG, 651h III BGB
      2. § 3 I UWG i.V.m. § 4a I 2 Nr. 3 UWG
      3. § 3 I UWG i.V.m. § 5 I, II Nr. 7 UWG
      4. § 3 I UWG i.V.m. § 5a I UWG
    3. Wiederholungsgefahr
    4. Aktivlegitimation: § 8 III Nr. 3 UWG
    5. Passivlegitimation
  2. Anspruch auf Beseitigung nach § 8 I 1 UWG

Lösungsvorschlag

A. Anspruch auf Unterlassung nach § 8 I 1 UWG

→ Hauptartikel:  UWG-02. Unterlassungsanspruch

Ein Anspruch auf Unterlassung nach § 8 I 1 UWG besteht, wenn der Hinweis der B eine unlautere geschäftliche Handlung ist, Wiederholungsgefahr besteht und K aktivlegitimiert, sowie B passivlegitimiert ist.

1. Vorliegen einer geschäftlichen Handlung

→ Hauptartikel:  UWG-01.B.II. Geschäftliche Handlung (§ 2 I Nr. 2 UWG)

Eine geschäftliche Handlung ist nach § 2 I Nr. 2 UWG jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar oder objektiv zusammenhängt.

Ein Verhalten einer natürlichen Person umfasst jedes von einem natürlichen Handlungswillen getragene Handeln. Der Hinweis auf der Webseite wurde von einem Mitarbeiter der B hinzugefügt und ist der B nach § 8 II UWG zuzurechnen. Es handelt sich um ein Verhalten zugunsten des eigenen Unternehmens und dient der (Nicht-)Durchführung eines Vertrags über eine Dienstleistung, die Buchung und Durchführung von Pauschalreisen.

Eine geschäftliche Handlung liegt vor.

2. Unzulässigkeit der geschäftlichen Handlung

Diese geschäftliche Handlung muss nach § 3 UWG oder § 7 UWG unzulässig sein.

a. Unzulässigkeit nach § 3 I UWG i.V.m. §§ 3a UWG, 651h III BGB

→ Hauptartikel:  UWG-06.A. Unzulässigkeit nach § 3 I UWG i.V.m. § 3a UWG

Eine Unzulässigkeit des Hinweises liegt vor, wenn B (aa) gegen § 51h III BGB verstoßen hat, (bb) es sich bei § 651h III BGB um eine Marktverhaltensregelung handelt und (cc) der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen (Spürbarkeit).

aa. Verstoß gegen § 651h III BGB

§ 651h III BGB regelt den Ausschluss des Entschädigungsanspruchs des Reiseveranstalters bei unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen. Ein Verstoß hiergegen setzt voraus, dass solche Umstände vorliegen und der Reiseveranstalter eine Entschädigung verlangt oder eine Erstattung des Reisepreises, somit den Rücktritt verweigert.

Der auf der Webseite veröffentlichte Hinweis beinhaltet jedoch keine Angaben über eine Entschädigung, die Erstattung des Reisepreises oder den Rücktritt, sondern informiert nur über die hohe Anzahl von Anfragen, der folgenden Kontaktaufnahme durch B und der Vorbereitung von Alternativangeboten. Ein Verstoß gegen § 651h III BGB liegt somit nicht vor.

bb. Zwischenergebnis

Mangels Verstoßes gegen eine gesetzliche Vorschrift liegt keine Unzulässigkeit nach § 3 I UWG i.V.m. §§ 3a UWG, 651h III BGB vor.[1]

b. Unzulässigkeit nach § 3 I UWG i.V.m. § 4a I 2 Nr. 3 UWG

→ Hauptartikel:  UWG-06.F. Unzulässigkeit nach § 3 I UWG i.V.m. § 4a UWG

Der Hinweis auf der Webseite könnte jedoch als aggressive geschäftliche Handlung unzulässig sein, wenn der Hinweis eine unzulässige Beeinflussung darstellt und die Kunden der B zu einer geschäftlichen Entscheidung, wie der Buchung einer Alternativreise, veranlasst, die sie sonst nicht getroffen hätten.

Eine unzulässige Beeinflussung liegt nach § 4a I 3 UWG vor, wenn der Unternehmer eine Machtposition gegenüber dem Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zur Ausübung von Druck, auch ohne Anwendung oder Androhung von körperlicher Gewalt, in einer Weise ausnutzt, die die Fähigkeit des Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers zu einer informierten Entscheidung wesentlich einschränkt.

Fraglich ist bereits, ob B eine Machtposition gegenüber ihren Kunden innehat. Eine Machtposition liegt vor, wenn ein Unternehmen im konkreten Fall in der Lage ist, auf den Verbraucher Druck auszuüben, um diesen zu einer bestimmten Entscheidung zu veranlassen und kann sich vorliegend ausschließlich aus der juristischen Kompetenz der B im Vergleich zu einem Durchschnittverbraucher ergeben.

Diese Machtposition müsste B nicht nur zur Ausübung von Druck ausgenutzt haben, sondern hierdurch auch die Fähigkeit der Kunden zur informierten Entscheidung eingeschränkt haben, was erfordert, dass sie die Vor- und Nachteile ihrer Entscheidung nicht mehr erkennen oder gegeneinander abwägen können. Einziger Anknüpfungspunkt für eine Druckausübung ist die Bitte der B von Rückfragen abzusehen, bis Kontakt durch die B aufgenommen wurde. Die Bitte der B betrifft jedoch allein die zeitliche Dimension einer Entscheidung, nämlich die Abwägung zwischen einer direkten Kontaktaufnahme durch den Kunden oder das Warten auf eine Kontaktaufnahme durch B. Ein durchschnittlicher Verbraucher wird hierdurch nicht in der Entscheidung zwischen dem Rücktritt von der gebuchten Pauschalreise oder einer Umbuchung beeinflusst – insbesondere, da zugleich eine unaufgeforderte Kontaktaufnahme angekündigt wird, sodass hierin keine Einschränkung des Urteilsvermögens der Kunden liegt.[2]

c. Unzulässigkeit nach § 3 I UWG i.V.m. § 5 I, II Nr. 7 UWG

→ Hauptartikel:  UWG-06.G. Unzulässigkeit nach § 3 I UWG i.V.m. § 5 I UWG

Eine Unzulässigkeit des Hinweises könnte sich nach § 3 I UWG i.V.m. § 5 I, II Nr. 7 UWG ergeben, wenn der Hinweis zur Täuschung geeignete Angaben über die Rechte von Verbrauchern enthält.

aa. Angabe über Rechte von Verbrauchern

Grundvoraussetzung hierfür ist, dass der Hinweis überhaupt Angaben über die Rechte von Verbrauchern enthält. Mangels blickfangmäßiger Hervorhebung eines bestimmten Abschnitts des Hinweises, ist dieser im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu würdigen.

(1) Dem Hinweis, dass B wegen vieler Anfragen schwer erreichbar sei und dass Gäste mit einer Abreise bis zum 30. Juni 2023 kontaktiert werden, beinhaltet keine Informationen über die Rechte von Verbrauchern.

(2) Eine Angabe über die Rechte von Verbrauchern könnte in der Angabe, dass das Team der B an alternativen Reiseangeboten arbeite und sich „freuen würde“, wenn ihre Kunden ihre Traumreise um ein Jahr verschieben, liegen, da hier an die Möglichkeit einer Umbuchung angeknüpft wird.

(3) Die Bitte, von Rückfragen bis zu einer Kontaktnahme durch B zu warten, beinhaltet dahingegen keine Angaben über die Rechte von Verbrauchern, insbesondere da lediglich eine Bitte geäußert wird und hierdurch nur auf die zeitliche Dimension der Entscheidung über eine Kontaktaufnahme Einfluss genommen wird.

bb. Eignung zur Täuschung

Die Angabe, dass das Team der B an alternativen Reiseangeboten arbeite und sich „freuen würde“, wenn ihre Kunden ihre Traumreise um ein Jahr verschieben, müsste zur Täuschung geeignet sein. Dies ist der Fall, wenn bei einem durchschnittlich informierten und situationsadäquat aufmerksamen Verkehrsteilnehmer eine nicht mit der Realität übereinstimmendes Verständnis hervorgerufen wird.

Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers folgt jedoch aus der Verwendung des Begriffs „freuen“ und des Konjunktivs „würde“, dass eine Umbuchung auf eine alternative Reise möglich, jedoch nicht zwingend ist. Die Angabe selbst ist somit nicht zur Täuschung geeignet. Da die Angabe jedoch unvollständig über die Rechte der Verbraucher, insbesondere gar nicht über die Möglichkeit der Rückerstattung, informiert, könnte sie als unvollständige Angabe irreführend sein. Mangels Gebots der Vollständigkeit von (Werbe-)angaben, besteht jedoch ohne das Vorliegen von Aufklärungs-, Informationspflichten oder besonderen Umständen keine Pflicht, Verbraucher vollständig über ihre Rechte zu informieren. Aufklärungs-, Informationspflichten und besondere Umstände sind insbesondere in Hinblick auf die angekündigte Kontaktaufnahme nicht ersichtlich, sodass auch hierdurch keine Eignung der Angabe zur Irreführung folgt.[3]

cc. Zwischenergebnis

Es liegt keine zur Täuschung geeignete Angabe vor, sodass der Hinweis nicht nach § 3 I UWG i.V.m. § 5 I, II Nr. 7 UWG unzulässig ist.

d. Unzulässigkeit nach § 3 I UWG i.V.m. § 5a I UWG

→ Hauptartikel:  UWG-06.H. Unzulässigkeit nach § 3 I UWG i.V.m. §§ 5a, 5b UWG

Da der Hinweis der B lediglich auf die Möglichkeit einer Umbuchung eingeht, könnte nach § 3 I UWG i.V.m. § 5a I UWG eine Unzulässigkeit in Form einer Irreführung durch Unterlassen vorliegen. Hierfür müsste das Rücktrittsrecht der Kunden eine wesentliche Information sein, die durch B vorenthalten wurde und geeignet sein, ihre Kunden zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten.

aa. Vorliegen einer wesentlichen Information

Nach § 5b I Nr. 5 UWG ist das Bestehen des Rechts auf Rücktritt oder Widerruf eine wesentliche Information im Sinne des § 5a I UWG, wenn Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, sodass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann. Da dies jedoch nur für den Abschluss des Geschäfts gilt, folgt aus § 5b I Nr. 5 UWG keine Informationspflicht für das Rücktrittsrecht in dem Hinweis der B. Es besteht keine gesetzliche Informationspflicht.[4]

Somit ist die Information über das Rücktrittsrecht nur dann als eine wesentliche Information anzusehen, wenn der Verbraucher sie nach den Umständen des Einzelfalls benötigt, um eine informierte, geschäftliche Entscheidung zu treffen. Der Hinweis der B betrifft jedoch nicht eine geschäftliche Entscheidung in Form des Rücktritts vom Pauschalreisevertrag, sondern allein die Bitte von Rückfragen abzusehen, sodass keine wesentliche Information vorliegt.[5]

bb. Zwischenergebnis

Mangels wesentlicher Information liegt keine Unzulässigkeit nach § 3 I UWG i.V.m. § 5a I UWG vor.

e. Zwischenergebnis Unzulässigkeit

Es liegt keine unzulässige geschäftliche Handlung vor.

3. Wiederholungsgefahr (hilfsgutachterlich)

→ Hauptartikel:  UWG-02.3. Wiederholungsgefahr (§ 8 I 1 Alt. 2 UWG)

Das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr wird widerleglich vermutet und liegt vor, wenn ein erneuter Verstoß ernsthaft und greifbar droht. Die Vermutung wurde nicht widerlegt.

4. Aktivlegitimation & Passivlegitimation

K ist als in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragener Verband nach § 8 III Nr. 3 UWG aktivlegitimiert, B als Täter passivlegitimiert.

5. Ergebnis

Mangels unzulässiger, geschäftlicher Handlung besteht kein Anspruch auf Unterlassung.

B. Anspruch auf Beseitigung

Auch ein Anspruch auf Beseitigung erfordert eine unzulässige, geschäftliche Handlung und besteht nicht. Zudem scheitert ein Anspruch auf Beseitigung daran, dass der Hinweis entfernt, somit der fortdauernde Störungszustand beendet wurde.

C. Gesamtergebnis

Es besteht weder ein Unterlassungs- noch ein Beseitigungsanspruch.

Ergänzende Hinweise

[1] Das OLG Frankfurt a. M. stellt einleitend fest: „Es kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei § 651h Abs. 3 BGB um eine Marktverhaltensregelung handelt. Dies dürfte aber der Fall sein. Die Bestimmung regelt den Rücktritt vom Reisevertrag und ist dem Reisevertragsrecht zuzuordnen. Zum Marktverhalten gehört neben dem Angebot von und der Nachfrage nach Waren oder Dienstleistungen auch der Abschluss und die Durchführung von Verträgen […]. Die Regelung dient dem Schutz der Kunden als Verbraucher und somit den Interessen von Marktteilnehmern“ und führt zum Verstoß aus, dass K „nicht dargelegt [hat], dass [B] unter Verletzung des § 651 h Abs. 3 BGB gleichwohl eine Entschädigung verlangte oder sich weigerte, im Hinblick auf einen vermeintlichen Entschädigungsanspruch den Reisepreis zurückzuerstatten. Es kommt im Rahmen von § 651 h Abs. 3 BGB nicht darauf an, ob die Beklagte mit ihren Hinweisen auf ihre Umbuchungsbemühungen und mit der Bitte, von Rückfragen einstweilen abzusehen, verschleiert hat, dass die Möglichkeit zum entschädigungslosen Rücktritt bestand. Eine Aufklärungspflicht des Reiseveranstalters über die entschädigungslose Rücktrittsmöglichkeit ist der Vorschrift nicht zu entnehmen. Den Hinweisen auf der Internetseite lässt sich auch nicht entnehmen, dass die Beklagte einen Rücktritt entgegen § 651 h Abs. 3 BGB nicht akzeptieren möchte. Es kann damit nicht angenommen werden, dass mit den Hinweisen die Ausübung des Rücktrittsrechts vereitelt oder gezielt erschwert werden sollte“.

[2] Nach dem OLG Frankfurt a. M. bestehen „[f]ür derartige Umstände […] keinerlei Anhaltspunkte. […] Allein der Umstand, dass die Beklagte eine Umbuchungsmöglichkeit anbieten möchte und die Kunden bittet, bis zum Zu-gang des Angebots auf Kontaktaufnahmen zu verzichten, erzeugt keinen derartigen Druck, dass die Fähigkeit des Durchschnittsverbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, wesentlich beeinträchtigt wird. Der Kunde wird durch den Hinweis nicht von naheliegenden Überlegungen abgehalten, ob er überhaupt eine Umbuchung wünscht und ob er nicht einfach stornieren soll.

[3] Hierzu führt das OLG Frankfurt a. M. aus: „Es kann nicht angenommen werden, dass der situationsadäquat aufmerksame Durchschnittsverbraucher die Äußerungen in dem Sinne verstehen wird, dass kein Rücktrittsrecht bzw. keine kostenlose Stornierungsmöglichkeit besteht. Vielmehr wird ein Kunde Informationen, die seine gebuchte und bereits bezahlte Urlaubsreise betreffen, mit der gebotenen Aufmerksamkeit und im Zusammenhang mit den [vorherigen Angaben] zur Kenntnis nehmen. Dabei wird er erkennen, dass die Beklagte lediglich ein Angebot zur Umbuchung unterbreiten möchte. Durch Formulierungen wie: „Wir würden uns freuen, wenn …“ […] wird ohne weiteres deutlich, dass die Akzeptanz der Umbuchung für den Kunden optional ist und nicht die einzige Möglichkeit darstellt, der Leistungsstörung zu begegnen. Auch die Bitte, dass von Rückfragen nach Möglichkeit abgesehen werden soll, bis das Umbuchungsangebot vorliegt, wird den Verbraucher nicht zu dem Schluss verleiten, es bestünde gar kein Rücktrittsrecht. Vielmehr ist klar ersichtlich, dass es sich nur um einen Apell handelt, den die Beklagte im eigenen Interesse ausgesprochen hat, der aber nicht die Rechte des Kunden einschränkt.

[4] Das OLG Frankfurt a. M. verneint eine Informationspflicht aus Art. 240 § 6 I EGBGB, der die Option eines Reisegutscheins beinhaltet, das Wahlrecht zwischen der Rückerstattung und dem Gutschein jedoch bei dem Angebot, somit bei der Buchung mitzuteilen sind.

[5] Hierzu stellt das OLG Frankfurt a. M. fest: „Die Beklagte hat durch den fehlenden Hinweis auf das Rücktrittsrecht keine Informationen vorenthalten, die im konkreten Fall wesentlich sind. […] Die Verpflichtung [von § 5b I Nr. 5 UWG bezieht] sich allerdings nur auf Angebote während der Vertragsanbahnung, nämlich solche, die zum Geschäftsabschluss – hier also zum Abschluss eines Reisevertrages – auffordern. Darum geht es hier nicht. Die vorliegend angegriffenen Angaben betreffen den Bereich der Abwicklung bereits abgeschlossener Reiseverträge. […] Im Fall von Leistungsstörungen besteht nach § 5 a UWG keine grundsätzliche Verpflichtung, den anderen Vertragsteil umfassend über dessen Rechte, insbesondere ein gesetzliches Rücktrittsrecht aufzuklären […].

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