17. Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen (Überblick)

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Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen nach dem GeschGehG dient nach § 1 I GeschGehG dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor unerlaubter Erlangung, Nutzung und Offenlegung und weist Überschneidungen mit dem Wettbewerbsrecht und dem Immaterialgüterrecht auf, indem es dem Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses zwar kein Ausschließlichkeitsrecht gewährt, jedoch das Geschäftsgeheimnis vor bestimmten Handlungen bzw. Angriffsformen schützt.

Die nachfolgende Darstellung gibt einen Überblick über

  1. das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) (I),
  2. den Schutzgegenstand des GeschGehG, somit dem Geschäftsgeheimnis (II),
  3. Handlungsverboten (§ 4 GeschGehG) und erlaubten Handlungen (§ 3 GeschGehG) (III),
  4. Ausnahmen des Schutzes (IV),
  5. Ansprüchen aus der Verletzung (V) und schließt ab mit
  6. prozessualen Besonderheiten (VI).
Inhaltsverzeichnis
  1. I. Schutz von Geschäftsgeheimnissen nach dem GeschGehG
  2. II. Schutzgegenstand des GeschGehG – das Geschäftsgeheimnis
  3. III. Handlungsverbote (§ 4 GeschGehG) und erlaubte Handlungen (§ 3 GeschGehG)
  4. IV. Ausnahmen des Schutzes
  5. V. Ansprüchen aus der Verletzung
  6. Nachweise

I. Schutz von Geschäftsgeheimnissen nach dem GeschGehG

Abschnitt 1 – Allgemeines§ 1       Anwendungsbereich
§ 2       Begriffsbestimmungen
§ 3       Erlaubte Handlungen
§ 4       Handlungsverbote
§ 5       Ausnahmen
Abschnitt 2 – Ansprüche bei Rechtsverletzungen§ 6       Beseitigung und Unterlassung
§ 7       Vernichtung; Herausgabe; Rückruf; Entfernung und Rücknahme vom Markt
§ 8       Auskunft über rechtsverletzende Produkte; Schadensersatz bei Verletzung der Auskunftspflicht
§ 9       Anspruchsausschluss bei Unverhältnismäßigkeit
§ 10     Haftung des Rechtsverletzers
§ 11     Abfindung in Geld
§ 12     Haftung des Inhabers eines Unternehmens
§ 13     Herausgabeanspruch nach Eintritt der Verjährung
§ 14     Missbrauchsverbot
Abschnitt 3 – Verfahren in Geschäftsgeheimnisstreitsachen§ 15     Sachliche und örtliche Zuständigkeit; Verordnungsermächtigung
§ 16     Geheimhaltung
§ 17     Ordnungsmittel
§ 18     Geheimhaltung nach Abschluss des Verfahrens
§ 19     Weitere gerichtliche Beschränkungen
§ 20     Verfahren bei Maßnahmen nach den §§ 16 bis 19
§ 21     Bekanntmachung des Urteils
§ 22     Streitwertbegünstigung
Abschnitt 4 – Strafvorschriften§ 23     Verletzung von Geschäftsgeheimnissen

Das GeschGehG dient der Umsetzung der RL (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung und ist daher richtlinienkonform auszulegen. Daneben sind die Voraussetzungen von Art. 39 II TRIPS-Abkommen zu berücksichtigen.

II. Schutzgegenstand des GeschGehG – das Geschäftsgeheimnis

Das GeschGehG dient dem Schutz von Geschäftsgeheimnissen i.S.d. § 2 Nr. 1 GeschGehG

§ 2 Nr. 1 GeschGehG | Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes ist Geschäftsgeheimnis eine Information

  1. die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und
  2. die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und
  3. bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht;

Ein Geschäftsgeheimnis erfordert

  1. eine Information,
  2. die nicht allgemein bekannt oder zugänglich ist (Geheimhaltung), die
  3. durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geschützt wird und
  4. hierdurch wirtschaftlichen Wert erlangt, während
  5. ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.

1. Information i.S.d. § 2 Nr. 1 GeschGehG

Jede Information unabhängig ihrer Art, ihres Inhalts bzw. dessen „Qualität“ und ihrer Form kann ein Geschäftsgeheimnis darstellen.

2. Geheimhaltung

Eine Information kann nur dann ein Geschäftsgeheimnis darstellen, wenn sie geheim ist, somit „weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Informationen umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist“.

3. Angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen

Die Geheimhaltung muss durch „angemessene“ Geheimhaltungsmaßnahmen sichergestellt werden. Diese können technische, faktische oder rechtliche Maßnahmen darstellen, die jedoch dem jeweiligen Stand der Technik bzw. des Rechts angepasst werden müssen.

4. Wirtschaftlicher Wert durch Geheimhaltungsmaßnahmen

Der wirtschaftliche Wert der geheimen Information muss „daher“, somit aufgrund der Geheimhaltung, ihren wirtschaftlichen Wert erhalten. Dieser kann sich insbesondere aus den negativen (finanziellen) Folgen für den Inhaber ergeben, sodass auch Informationen über Missstände in einem Unternehmen wie über rechtswidrige Verhaltensweisen einen wirtschaftlichen Wert aufweisen.

5. Berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung

Zuletzt muss ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung bestehen. Dies ist in der Regel bei wirtschaftlichen Interessen der Fall.

Problematisch ist hierbei, ob Informationen über das rechtswidrige Verhalten eines Unternehmens als Geschäftsgeheimnis geschützt werden können. Während hierfür die Ausnahme des § 5 Nr. 2 GeschGehG zur Aufdeckung rechtswidriger Handlung angeführt wird, werden dieser Ansicht Wertungswidersprüche dagegen angeführt. Dies kann durch die richtlinienkonforme Auslegung des § 5 Nr. 1c GeschGehG aufgelöst werden, da die Geschäftsgeheimnis-Richtlinie keine berechtigten Interessen im Rahmen der Beurteilung, ob ein Geschäftsgeheimnis vorliegt, erfordert. Wichtig ist hierbei genau zwischen Informationen zu differenzieren und nicht allein auf die Information „des“ rechtswidrigen Verhaltens abzustellen.

Daneben kann es an einem Geschäftsgeheimnis fehlen, wenn es sich um Informationen von oder über Privatpersonen ohne einen Bezug zu einem Unternehmen handelt.

III. Handlungsverbote (§ 4 GeschGehG) und erlaubte Handlungen (§ 3 GeschGehG)

Das GeschGehG differenziert zwischen erlaubten Handlungen und Rechtsverletzungen, die wie nachfolgenden gegenüber gestellt werden können:

Erlaubte Handlungen (§ 3 GeschGehG)

  1. eigenständige Entdeckungen oder Schöpfungen,
  2. Reverse Engineering (Erlangung durch Beobachten, Untersuchen, Rückbauen oder Testen eines öffentlich verfügbaren oder rechtmäßig erlangten Produkts oder Gegenstands),
  3. Ausübung von Informations-, Anhörungs-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten von Arbeitnehmern und Arbeitnehmervertretungen,
  4. Erlangung, Nutzung und Offenlegung, wenn dies durch das Gesetz oder durch ein Rechtsgeschäft gestattet ist.

Handlungsverbote (§ 4 GeschGehG)

  1. unbefugtes Erlangen (§ 4 I GeschGehG),
  2. unbefugtes Nutzen oder Offenlegen (§ 4 II GeschGehG),
  3. unbefugtes Erlangen, Nutzen oder Offenlegen eines nach § 4 II GeschGehG genutzten oder offengelegten Geschäftsgeheimnisses (mittelbare Rechtsverletzung, § 4 III 1 GeschGehG),
  4. unbefugtes Nutzen in der Herstellung, dem Anbieten, dem Inverkehrbringen oder der Einfuhr, Ausfuhr oder Lagerung von rechtsverletzenden Produkten (mittelbare Rechtsverletzung, § 4 III 2 GeschGehG

1. Erlaubte Handlungen nach § 3 GeschGehG

a. Eigenständige Entdeckung oder Schöpfung nach § 3 I Nr. 1 GeschGehG

Ein Geschäftsgeheimnis gewährt seinem Inhaber keine Exklusivrechte an einer Information. Gelangt jemand anderes unabhängig bzw. eigenständig an eine Information, die eine Entdeckung oder Schöpfung darstellt, handelt es sich nach § 3 I Nr. 1 GeschGehG um eine erlaubte Handlung.

b. Reverse Engineering nach § 3 I Nr. 2 GeschGehG

Nach § 3 I Nr. 2 GeschGehG ist es erlaubt ein Geschäftsgeheimnis durch die Beobachtung, Untersuchung, den Rückbau oder das Testen eines Produkts oder Gegenstands zu erlangen – auch bezeichnet als Reverse Engineering, wenn dieses (a) öffentlich verfügbar gemacht wurde oder (b) sich rechtmäßig im Besitz desjenigen Befindet und dieser keiner Pflicht zur Beschränkung der Erlangung des Geschäftsgeheimnisses unterliegt.

Hierdurch unterscheidet sich der aktuelle Schutz von Geschäftsgeheimnissen von der ehemaligen deutschen Rechtsprechung.

c. Ausübung von Informations-, Anhörungs-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten von Arbeitnehmern und Arbeitnehmervertretungen nach § 3 I Nr. 3 GeschGehG

Daneben stellten im Rahmen von Informations-, Anhörungs-, Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechten von Arbeitnehmer und Arbeitnehmervertretungen erlangte Geschäftsgeheimnisse ebenfalls nach § 3 I Nr. 3 GeschGehG erlaubte Handlungen dar, um die Ausübung dieser Rechte zu sichern.

d. Durch Gesetz oder Rechtsgeschäft gestattete Erlangung, Nutzung und Offenlegung nach § 3 II GeschGehG

Zuletzt kommt der gesetzlich oder rechtsgeschäftlich gestatteten Erlangung, Nutzung und Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen Vorrang zum GeschGehG vor. Dies ist insbesondere der Fall bei gesetzlichen Offenlegungs- und Auskunftspflichten.

2. Handlungsverbote nach § 4 GeschGehG

a. Unbefugtes Erlangen nach § 4 I GeschGehG

Nach § 4 I GeschGehG sind verschiedene „unbefugte“ Handlungen, durch die das Geschäftsgeheimnis, somit die geheime Information verschafft wird, verboten.

§ 4 I GeschGehG | Handlungsverbote
Ein Geschäftsgeheimnis darf nicht erlangt werden durch

  1. unbefugten Zugang zu, unbefugte Aneignung oder unbefugtes Kopieren von Dokumenten, Gegenständen, Materialien, Stoffen oder elektronischen Dateien, die der rechtmäßigen Kontrolle des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses unterliegen und die das Geschäftsgeheimnis enthalten oder aus denen sich das Geschäftsgeheimnis ableiten lässt, oder
  2. jedes sonstige Verhalten, das unter den jeweiligen Umständen nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben unter Berücksichtigung der anständigen Marktgepflogenheit entspricht.

Unbefugt ist die Handlung hierbei, wenn der Handelnde weder vom Inhaber des Geschäftsgeheimnisses noch sonst durch das Gesetz hierzu berechtigt ist.

b. Unbefugtes Nutzen oder Offenlegen nach § 4 II GeschGehG

Daneben darf ein Geschäftsgeheimnis nicht genutzt oder offengelegt werden, wer

  1. es nach § 4 I Nr. 1 oder 2 GeschGehG erlangt hat,
  2. gegen eine Verpflichtung zur Beschränkung der Nutzung des Geschäftsgeheimnisses verstößt oder
  3. gegen eine Verpflichtung verstößt, das Geschäftsgeheimnis nicht offenzulegen.

Eine Verpflichtung i.S.d. § 4 II Nr. 1 und 2 GeschGehG kann sich insbesondere aus vertraglichen Geheimhaltungsvereinbarungen ergeben.

c. Mittelbare Rechtsverletzungen nach § 4 III 1 GeschGehG

Auch dann, wenn ein Geschäftsgeheimnis über eine andere Person erlangt wird, kann nach § 4 III 1 GeschgehG eine verbotene Handlung vorliegen. Dies ist dann der Fall, wenn

  1. diese andere Person das Geschäftsgeheimnis entgegen § 4 II GeschgehG genutzt oder offengelegt hat und
  2. der Handelnde dies weiß oder wissen müsste.

Bislang unklar ist hierbei, ob sich die subjektiven Voraussetzungen auf die Rechtswidrigkeit der Erlangung der Informationen oder der dies begründenden Umstände richtet.

Daher verletzt nicht nur der „erste“, der ein Geschäftsgeheimnis erlangt dieses, sondern jeder weitere, der dies weiß oder wissen musste, sodass eine Verletzungskette entsteht und nachfolgende Personen der Kette jeweils eine mittelbare Rechtsverletzung begehen.

d. Handlung mit rechtsverletzenden Produkten nach § 4 III 2 GeschGehG

Zuletzt liegt eine Verletzung nach § 4 III 2 GeschgehG vor, wenn rechtsverletzende Produkte verwertet werden.

§ 2 Nr. 4 GeschGehG | Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes ist rechtsverletzendes Produkt ein Produkt, dessen Konzeption, Merkmale, Funktionsweise, Herstellungsprozess oder Marketing in erheblichem Umfang auf einem rechtswidrig erlangten, genutzten oder offengelegten Geschäftsgeheimnis beruht.

Von § 4 III 2 GeschGehG erfasst ist insbesondere das Herstellen, das Anbieten, das Inverkehrbringen oder die Einfuhr, die Ausfuhr oder die Lagerung für diese Zwecke.

IV. Ausnahmen des Schutzes

Nach § 5 GeschGehG fallen Handlungen, die zum Schutz eines berechtigten Interesses erfolgen, nicht unter die Verbotshandlungen und sind somit nicht vom Tatbestand erfasst. Die nicht abschließende Aufzählung des § 5 Nr. 1 bis 3 GeschGehG erfasst insbesondere

  1. die Ausübung der Meinungs- und Medienfreiheit, somit Handlungen, die von Art. 11 GRCh geschützt sind,
  2. das Aufdecken rechtswidriger Handlungen und von Fehlverhalten, die geeignet sind, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen (Whistleblowing), wobei im Rahmen der Verhältnismäßigkeit Möglichkeiten auf Hinweise an Vorgesetzte und andere innerbetriebliche Stellen oder Einrichtung als Ausprägung der innerbetrieblichen Vertraulichkeit und der Loyalität zum Arbeitgeber, sowie die Vorgaben der Whistleblower-RL[1] zu berücksichtigen sind,
  3. die Erfüllung der Aufgaben von Arbeitnehmervertretungen und
  4. sonstige vergleichbare „legitime Interessen“.

Es ist jedoch immer die Abwägung der betroffenen Interessen erforderlich.

V. Ansprüchen aus der Verletzung

Aus der Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses können unter weiteren Voraussetzungen Unterlassungs-, Beseitigungs-, Schadensersatz und Auskunftsansprüche resultieren.

Ansprüche aus der Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses können nach folgendem (komprimierten) Schema geprüft werden

  1. Bestand eines Geschäftsgeheimnisses
  2. Aktivlegitimation des Anspruchsstellers
    1. Faktische Herrschaftsbefugnis (Informationsbesitz)
    2. Berechtigung: Eigene Entdeckung oder Schaffung oder rechtmäßiger Erwerb
  3. Eingriff in das Geschäftsgeheimnis
    1. Keine erlaubte Handlung i.S.d. § 3 GeschGehG
    2. Verbotene Handlung i.S.d. § 4 GeschGehG
    3. Keine Ausnahme i.S.d. § 5 GeschGehG
  4. Passivlegitimation des Anspruchsgegners
  5. Weitere Voraussetzungen des konkreten Anspruchs
    1. Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch aus § 6 GeschGehG: Fortbestand der Störung bzw. Wiederholungsgefahr
    2. Beseitigungsanspruche aus § 7 GeschGehG: Fortbestand der Störung
    3. Auskunftsanspruch aus § 8 I GeschGehG: keine weiteren Voraussetzungen
    4. Schadensersatzanspruch aus § 10 GeschGehG: Verschulden nach § 10 I 1 GeschGehG i.V.m. § 276 I, II BGB & Schaden (dreifache Schadensberechnung & Nichtvermögensschäden nach § 10 III GeschGehG)
  6. Keine Einreden und Einwendungen
    1. Unverhältnismäßigkeit nach § 9 GeschGehG (nur verschuldensunabhängige Ansprüche)
    2. Abfindung in Geld bei unverhältnismäßig großen Nachteilen nach § 11 GeschGehG (nur verschuldensunabhängige Ansprüche)
    3. Missbrauchsverbot nach § 14 GeschGehG
    4. Keine Verjährung nach den §§ 194 ff. BGB oder Verwirkung[2]

1. Bestand eines Geschäftsgeheimnisses

Grundvoraussetzung von Ansprüchen aus der Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses ist, dass ein solches besteht, somit eine durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen geheim gehaltene Information, die hierdurch ihren wirtschaftlichen Wert erlangt.

2. Aktivlegitimation des Anspruchstellers

Aktivlegitimiert ist der Inhaber des Geschäftsgeheimnisses.

§ 2 Nr. 2 GeschGehG | Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes ist Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses jede natürliche oder juristische Person, die die rechtmäßige Kontrolle über ein Geschäftsgeheimnis hat;

Dies ist, wer

  1. die Information besitzt und
  2. hierzu berechtigt ist, da er entweder die Information entdeckt oder geschaffen hat oder rechtmäßig erworben hat.

3. Eingriff in das Geschäftsgeheimnis

Schließlich muss in das Geschäftsgeheimnis eingegriffen werden. Erforderlich ist nach den zuvor dargestellten Grundlagen

  1. keine i.S.d. § 3 GeschGehG erlaubte Handlung,
  2. eine i.S.d. § 4 GeschGehG verbotene Handlung und
  3. keine Ausnahme i.S.d. § 5 GeschGehG.

4. Passivlegitimation des Anspruchsgegners

Passivlegitimiert ist diejenige natürliche oder juristische Person, die in das Geschäftsgeheimnis eingegriffen hat. Mittäter und Teilnehmer haften nach den allgemeinen deliktischen Grundsätzen aus § 830 BGB.

Für Unterlassungs-, Beseitigungs- und Auskunftsansprüche aus der Rechtsverletzung eines Beschäftigten oder Beauftragten haftet zudem nach § 12 GeschGehG der Inhaber des Unternehmens. Die Haftung von Intermediären ist umstritten und könnte nach der (vom BGH im Geistigen Eigentum zum Teil und im UWG aufgegeben) nationalen Störerhaftung oder nach den Grundsätzen aus Art. 8 III der InfoSoc-RL zu beurteilen sein.

5. Weitere Voraussetzungen des konkreten Anspruchs

Je nachdem, welcher Anspruch geltend gemacht wird, bestehen – mit Ausnahme des Auskunftsanspruchs aus § 8 I GeschGehG weitere Voraussetzungen.

Die speziellen (und vorrangigen) Beseitigungsansprüche aus § 7 GeschGehG, somit der Ansprüche auf Vernichtung oder Herausgabe des Besitzes oder Eigentum, Rückruf oder der dauerhaften Entfernung, Vernichtung oder Rücknahme der rechtsverletzenden Produkte aus den Vertriebswegen, und der allgemeine Beseitigungsanspruch aus § 6 GeschGehG erfordern, dass die Störung, die hierdurch beseitigt werden soll, weiterhin fortbesteht, somit den Fortbestand der Störung.

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass vom Beseitigungsanspruch aus § 7 Nr. 1 GeschGehG – entgegen dem Wortlaut – neben Sachen i.S.d. § 90 BGB auch Daten erfasst sind. Daneben ist zu berücksichtigen, dass § 7 Nr. 2 GeschGehG nur den Rückruf, aber keinen Erfolg erfordert, während nach § 7 Nr. 3 – 5 GeschGehG die Entfernung, Vernichtung oder Rücknahme selbst geschuldet ist.

Der Unterlassungsanspruch aus § 6 GeschGehG dahingegen erfordert Wiederholungsgefahr, die durch einen Eingriff in das Geschäftsgeheimnis widerleglich vermutet wird, oder das Bestehen einer Erstbegehungsgefahr.

Der Schadensersatzanspruch aus § 10 GeschGehG erfordert sowohl ein Verschulden nach § 10 I 1 GeschGehG i.V.m. § 276 I, II BGB und einen Schaden, wobei auch im GeschGehG die dreifache Schadensberechnung zu berücksichtigten ist sowie nach § 10 III GeschGehG auch Nichtvermögensschäden geltend gemacht werden können, „wenn dies der Billigkeit entspricht“. Zu berücksichtigen ist, dass § 619a BGB unberührt bleibt.

6. Einreden und Einwendungen

Ansprüchen aus der Verletzung eines Geschäftsgeheimnisses kann insbesondere entgegenstehen

  1. die Unverhältnismäßigkeit nach § 9 GeschGehG,
  2. die Abfindung in Geld bei unverhältnismäßig großen Nachteilen nach § 11 GeschGehG,
  3. das Missbrauchsverbot nach § 14 GeschGehG und
  4. die Verjährung nach den §§ 194 ff. BGB oder die Verwirkung.

a. Unverhältnismäßigkeit: § 9 GeschGehG

Nach § 9 GeschGehG sind verschuldensabhängige Ansprüche ausgeschlossen, wenn sie im Einzelfall unverhältnismäßig wären. Bei der stets erforderlichen Beurteilung ist insbesondere zu berücksichtigen

  1. der Wert oder ein anderes spezifisches Merkmal des Geschäftsgeheimnisses,
  2. die getroffenen Geheimhaltungsmaßnahmen,
  3. das Verhalten des Rechtsverletzers bei Erlangung, Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses,
  4. die Folgen der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung des Geschäftsgeheimnisses,
  5. die berechtigten Interessen des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses und des Rechtsverletzers sowie der Auswirkungen, die die Erfüllung der Ansprüche für beide haben könnte,
  6. die berechtigten Interessen Dritter oder
  7. das öffentliche Interesse.

b. Abfindung in Geld bei unverhältnismäßig großen Nachteilen nach § 11 GeschGehG

Daneben kann der Rechtsverletzer den Anspruchsteller nach § 11 GeschGehG in Geld entschädigen, wenn

  1. er weder vorsätzlich noch fahrlässig gehandelt hat,
  2. ihm durch die Erfüllung ein unverhältnismäßig großer Nachteil – im Vergleich zum Vorteil des Anspruchsstellers – entstehen würde und
  3. eine Abfindung in Geld als objektiv angemessen erscheint.

Zu berücksichtigen ist, dass die Höhe der Abfindung in § 11 II GeschGehG näher geregelt, aber auch beschränkt wird und eine Abfindung nur dann in Betracht kommt, wenn der Rechtsverletzer dem Inhaber diese anbietet.

c. Missbrauchsverbot nach § 14 GeschGehG

Zudem ist die missbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen nach § 14 GeschGehG unzulässig.

§ 14 GeschGehG | Missbrauchsverbot
1Die Geltendmachung der Ansprüche nach diesem Gesetz ist unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist. 2Bei missbräuchlicher Geltendmachung kann der Anspruchsgegner Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. 3Weitergehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.

Im Gegensatz zu den §§ 9, 11 GeschGehG kann die missbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen jeglichen Ansprüchen aus dem GeschGehG entgegenstehen.

Nachweise

[1] Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden.

[2] Vgl. zur Verjährung und Verwirkung MüKoUWG/Krbetschek, 3. Aufl. 2022, GeschGehG § 6 Rn. 31.

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