08. Fallsammlung zum Markenrecht

Fall 1 – Torjägerkanone (OLG Nürnberg GRUR 2023, 75)

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beruht auf OLG Nürnberg, Urt. v. 25.10.2022 – 3 U 2576/22

§ 14 II 1 Nr. 1 MarkenG| § 25 I, II MarkenG | § 26 I MarkenG | § 2 I Nr. 4 UWG | § 4 Nr. 3a UWG | § 5 I, III Nr. 1 UWG | § 8 I, III Nr. 1 UWG

Unterlassungsanspruch | Markenverletzung | markenmäßige Benutzung | Herkunftshinweis | Rechts­erhaltende Benutzung der Marke | Mitbewerbereigenschaft | Herkunftstäuschung | Irreführung wegen Verwechslungsgefahr

Sachverhalt

K ist Herausgeberin der Sportzeitschrift „kicker“ und verleiht verschiedenen Fußball-Ligen seit 1966 eine Trophäe in Form einer mittelalterlichen Bürgerkriegskanone namens „Torjägerkanone“ an Fußballspieler bzw. seit 2004 an Fußballspielerinnen, die in der Saison die meisten Tore ihre Liga erzielen. Hierüber wird auch in anderen Medien umfangreich berichtet und die Preisverleihung ist allgemein bekannt. K ist Inhaberin der am 30.05.2006 unter anderem für die Warenkategorien 06 „Figuren, Statuen, Skulpturen und Trophäen aus Metall“ sowie 16 „Druckereierzeugnisse“ eingetragenen nationalen Wortmarken „Torjägerkanone“ und „kicker Torjägerkanone“.

B betreibt und verantwortet ihre Webseite, auf der Pokale, Glastrophäen und Medaillen zum Verkauf angeboten werden. Zum Preis von 14,99 EUR bietet sie das Produkt „Fußballpokal Torjägerkanone“ mit folgender Beschreibung an:

Dabei ist die Kanone selbst nicht mit dem Zeichen „Torjägerkanone“ beschriftet. Neben dem Produkt „Torjägerkanone klein mit gratis Gravur“ bietet B auch das Produkt „Torjägerkanone XL mit gratis Gravur“ an. K sieht hierin eine Verletzung ihrer Rechte und fordert B erfolglos auf, den weiteren Vertrieb der Torjägerkanone zu unterlassen. B würde unerlaubterweise die Torjägerkanone der K nachahmen und damit den Wert der von K verliehen Torjägerkanone ausnutzen, die Verwendung des Begriffs würde auch die Marke der K verletzten.

B entgegnet, dass offensichtlich die Torjägerkanone, wie von ihr angeboten, die im Fußball bekannten, bildlichen Begriffe „Torschütze“ und „Kanone“ in Form eines Pokals vereinen, der in keiner Verbindung mit dem Preis der B steht und rein den angebotenen Pokal beschreibt, welcher sich auch von der Torjägerkanone der B unterscheidet. Zwar würden sich die Produkte der B an die Idee der K anlehnen – aber die Idee würde die Marke der K nicht schützen. Auch der Begriff „Torjägerkanone “ sei – zutreffend – bereits vor den Preisverleihungen durch K in den Medien verwendet worden und das nicht nur im Fußball. Es handle sich ausschließlich um eine Beschreibung des Produkts.

Daneben führt B aus, dass K ihre Marke für die Warenkategorie „Figuren, Statuen, Skulpturen und Trophäen aus Metall“ gar nicht rechtserhaltend verwende. Denn – zutreffend – verleiht K zwar eine Trophäe, K verkauft jedoch keine. K betreibe nur Imagewerbung. Zudem sei die Torjägerkanone der B nicht aus Metall, sondern aus Kunstharz/Polyresin und nicht von der Marke erfasst.

Hieraufhin entgegnet K – zutreffend, dass die medienwirksame Übergabe der „Torjägerkanonen“-Trophäe den Absatz, der von ihr herausgegebenen Sportzeitschrift „kicker“ fördert. K erhebt zulässig Klage auf Unterlassung des Angebots.

Hat K gegen B markenrechtliche und lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche? Urheberrechtliche Ansprüche sind nicht zu prüfen.

Gliederung

A. Unterlassungsanspruch aus § 14 II 1 Nr. 1, 2, III Nr. 2 MarkenG

  1. Bestand des Kennzeichens
  2. Aktivlegitimation der K
  3. Eingriff in den Schutzbereich des Kennzeichens
  1. Benutzung in der eigenen kommerziellen Kommunikation
  2. Keine Zustimmung des Inhabers
  3. Benutzung im geschäftlichen Verkehr
  4. Markenmäßige Benutzung
  5. Kollisionstatbestände des § 14 II 1 Nr. 1, 2 MarkenG
  1. Passivlegitimation der B
  2. Kein Ausschluss nach § 23 MarkenG
  3. Kein Ausschluss wegen mangelnder Benutzung
  4. Wiederholungsgefahr

B. Unterlassungsanspruchs aus §§ 8 I, III Nr. 1, 3 I UWG i.V.m. §§ 4 Nr. 3a, b, 5 I, III Nr. 1 UWG

  1. Vorliegen einer geschäftlichen Handlung
  2. Unzulässigkeit der geschäftlichen Handlung
  1. nach § 4 Nr. 3a, b UWG
  2. nach § 5 I, III Nr. 1 UWG
  1. Wiederholungsgefahr
  2. Aktivlegitimation der K
  3. Passivlegitimation der B

Lösungsvorschlag

A. Unterlassungsanspruch aus § 14 II 1 Nr. 1, 2, III Nr. 2 MarkenG

→ Hauptartikel:  IP-07. A. Kennzeichenrechtliche Unterlassungsansprüche

Ein Unterlassungsanspruch der K könnte sich aus § 14 II 1 Nr. 1, 2, III Nr. 2 MarkenG ergeben, sofern K Inhaber einer Marke ist, in diesen Schutzbereich durch B eingegriffen wird, Ansprüche der K mangels Benutzung nicht ausgeschlossen sind und Wiederholungsgefahr besteht.

I. Bestand des Kennzeichens & Aktivlegitimation der K

K ist Inhaberin der am 30.05.2006 unter anderem für die Warenkategorien 06 „Figuren, Statuen, Skulpturen und Trophäen aus Metall“ sowie 16 „Druckereierzeugnisse“ eingetragenen nationalen Wortmarken „Torjägerkano­ne“ und „kicker Torjägerkanone“. Als Inhaber der Mar­ke ist sie aktivlegitimiert.

II. Eingriff in den Schutzbereich des Kennzeichens

→ Hauptartikel:  IP-06. D. Schutzbereich und die Verletzung von Kennzeichenrechten

Erforderlich ist weiter ein Eingriff in die Marke der K. Hierfür müsste B diese in der eigenen kommerziellen Kommunikation, ohne Zustimmung des Inhabers im geschäftlichen Verkehr als Marke (markenmäßige Benutzung) benutzt haben und einer der Kollisionstatbestände des § 14 II 1 Nr. 1 – 3 MarkenG einschlägig sein.

1. Benutzung in der eigenen kommerziellen Kommunikation

Dadurch, dass B das Wort „Torjägerkanone“ als Bezeichnung und in der Beschreibung ihres Produktes verwendet hat, hat sie unter dem Zeichen Waren angeboten und somit die Marke nach § 14 III Nr. 2 MarkenG benutzt.

Das Angebot auf ihrer Webseite dient unmittelbar dem Warenabsatz, sodass B das Zeichen auch in ihrer eigenen kommerziellen Kommunikation benutzt hat.

2. Keine Zustimmung des Inhabers

Eine Zustimmung der K hierin ist nicht ersichtlich.

3. Benutzung im geschäftlichen Verkehr

Da die Benutzung im Rahmen der Anpreisung eigener Produkte auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichtet ist und dem eigenen Geschäftszweck dient, hat B die Wortmarke auch im geschäftlichen Verkehr benutzt.

4. Markenmäßige Benutzung

Nach der Rechtsprechung des BGH ist weiter die markenmäßige Benutzung eines Kennzeichens erforderlich. Danach ist erforderlich, dass die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient.

Vorliegend beruft sich B darauf, dass die Bezeichnung „Torjägerkanone“ lediglich das von ihr angebotene Produkt beschreibt und der Begriff „Torjägerkanone“ auch außerhalb des Fußballs verwendet wird.

Insofern ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Bezeichnung „Torjägerkanone“ die bildlich dargestellte Figur nur teilweise beschreibt. Zwar ist der Bestandteil „Kanone“ bildlich dargestellt, eine Verbindung zu einem „Torjäger“ ergibt sich jedoch nicht aus der Darstellung, sondern nur aus der Beschreibung des Produkts. Nur im Rahmen der Beschreibung wird eine Verbindung zum Torschützen hergestellt, dergestalt, dass diese sich perfekt für Ehrung von Topstürmern eigne. B verwendet die Bezeichnung „Torjägerkanone“ daneben als Teil der Produktbezeichnung. Die Verwendungen haben jedoch gemeinsam, dass sie jeweils durch weitere Angaben wie dem Hinweis auf eine gratis Gravur und im Rahmen der Beschreibung mit den Abmaßen ergänzt wird. Insofern wird jeweils ein Bezug zwischen dem dargestellten Produkt, der Bezeichnung der „Torschützenkanone“ und weiteren Eigenschaften hergestellt, die jeweils dem Begriff „Torjägerkanone“ zugeordnet werden können. Insofern benutzt B den Begriff, um dieses Produkt von ihren anderen, und somit auch ihr Produkt von Unternehmen dritter abzugrenzen, sodass eine markenmäßige Benutzung vorliegt.

5. Kollisionstatbestände des § 14 II 1 Nr. 1, 2 MarkenG

Vorliegend könnte zunächst der Tatbestand des § 14 II 1 Nr. 1 MarkenG einschlägig sein. Hierfür müsste B ein mit der Marke identisches Zeichen für identische Waren und Dienstleistungen benutzt haben. Dies ist jedoch nicht der Fall, da die Figuren der B nicht nur aus einem anderen Material bestehen, sondern auch graviert werden. Eine Doppelidentität liegt somit nicht vor.[1]

Dahingegen könnte der Tatbestand des § 14 II 1 Nr. 2 MarkenG eingreifen. Hierfür müsste unter Berücksichtigung der (a) Zeichenähnlichkeit, (b) Warenähnlichkeit und (c) Kennzeichnungskraft der Marke der K eine (d) Verwechslungsgefahr bestehen und (e) die Herkunftsfunktion beeinträchtigen.

a. Zeichenähnlichkeit

Das von B benutzte Zeichen ist identisch zur eingetragenen Wortmarke „Torjägerkanone“, sodass Zeichen­identität besteht.

b. Warenähnlichkeit

Auch die Waren und Dienstleistungen der K und B müssten ähnlich sein. Vorliegend ist die Marke der K für „Figuren, Statuen, Skulpturen und Trophäen aus Metall“ eingetragen. B bietet Figuren aus Kunstharz/Polyresin an. Da es sich um dieselben Waren handelt, die nur aus unterschiedlichen Materialien bestehen, liegt starke Warenähnlichkeit vor.

c. Kennzeichnungskraft der Marke der K

Ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal ist die Kennzeich­nungskraft der Marke, die im Rahmen der Beurteilung der Verwechslungskraft zu berücksichtigten ist. Die Kenn­zeichnungskraft ergibt sich aus der Eigenart und Bekanntheit der Marke.

Insofern ist zu berücksichtigten, dass die Marke „Torjägerkanone“ eine Kombination zweier im Sport – auch außerhalb des Fußballs verwendeter Begriffe, nämliche des „Torjägers“ und der Sports-„Kanone“ darstellt. Insofern kommt der Bezeichnung grundlegend eine eingeschränkte Kennzeichnungskraft zu. Die Kennzeichnungskraft einer Marke kann sich jedoch im Laufe der Zeit entwickeln. Vorliegend ist zu berücksichtigten, dass die Verleihung bereits seit 1966 stattfindet, über die Verleihung der Torjägerkanone in den Medien umfangreich berichtet wird und die Verleihung allgemein bekannt ist. Insofern ist von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft auszugehen.[2]

d. Verwechslungsgefahr

Ob Verwechslungsgefahr besteht, ist unter Berücksichtigung der Zeichenähnlichkeit, Produktähnlichkeit und Kennzeichnungskraft der benutzten Marke zu berücksichtigen. Hierbei befinden sich die Kriterien in einem gleitenden System, sodass eine schwächere Ausprägung eines Kriteriums durch eine stärke Ausprägung eines anderen ausgeglichen werden kann. Im Fall einer Zeichenidentität, starker Warenähnlichkeit und einer durchschnittlichen Kennzeichenkraft ist von unmittelbarer Verwechslungsgefahr auszugehen.

e. Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion

Hierdurch müsste jedoch die Herkunftsfunktion beeinträchtigt sein, was durch Verwechslungsgefahr indiziert wird, durch die Umstände des Einzelfalls jedoch widerlegt werden kann. Eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion könnte dadurch ausgeschlossen sein, dass die Torjägerkanone der K ein verliehener Preis ist, der eine besondere Leistung auszeichnet, während die Torjägerkanone der B von jedem gekauft und individuell graviert werden kann. Die Tatsache, dass die Torjägerkanone von K nur verliehen wird, schließt jedoch nicht aus, dass neben der „echten“ auf Basis der Leistung verliehenen Torjägerkanone, eine individualisierbare Figur im Sinne eines Andenkens oder Souvenirs verlieren wird, was zudem durch den niedrigen Preis und den abweichenden Materialien verstärkt wird. Die Herkunftsfunktion ist beeinträchtigt.[3]

f. Zwischenergebnis

Der Kollisionstatbestand des § 14 I 1 Nr. 2 MarkenG ist erfüllt.

6. Zwischenergebnis

In den Schutzbereich der Marke der K ist eingegriffen. Anhaltspunkte gegen die hierdurch indizierte Rechtswidrigkeit sind nicht ersichtlich.[4]

III. Passivlegitimation der B

Als diejenige, die durch die Benutzung der Marke „Torjägerkanone“ die Marke der K verletzt hat, ist B passivlegitimiert. Ist die Verletzung auf das Handeln eines Angestellten oder Beauftragten zurückgeführt werden, ist nach § 14 VII MarkenG auch der Inhaber des Betriebs aktivlegitimiert.

IV. Kein Ausschluss nach § 23 MarkenG

→ Hauptartikel:  IP-06.E. IV. Der Ausschluss von Ansprüchen wegen der Benutzung von Namen und beschreibenden Angaben nach § 23 MarkenG und Art. 14 UMV

Ansprüchen der K könnte § 23 I Nr. 2 MarkenG entgegenstehen, wenn B das Zeihen als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen benutzt. Zwar verwendet B die Bezeichnung „Torjägerkanone“ in Hinblick auf den Teil „Kanone“ beschreibend. Dies betrifft jedoch nicht die vollständige Bezeichnung „Torjägerkanone“, sodass offen bleiben kann, ob dies den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.[5]

V. Kein Ausschluss wegen mangelnder Benutzung

→ Hauptartikel:  IP-06.E. VI. Der Ausschluss von Ansprüchen bei mangelder Benutzung nach § 25 I MarkenG und Art. 127 III, 18 UMV

Nach § 25 I MarkenG kann der Unterlassungsanspruch nicht geltend gemacht werden, wenn die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Geltendmachung des Anspruchs für die Waren oder Dienstleistungen auf die sich der Anspruch stützt, nicht i.S.d. § 26 MarkenG benutzt worden ist. Grundvoraussetzung hierfür ist, dass (1) die fünfjährige Benutzungsschonfrist abgelaufen ist und die Marke (2) in den letzten fünf Jahren vor der Geltendmachung des Anspruchs nicht rechtserhaltend benutzt worden ist.

1. Benutzungsschonfrist

Die Einrede der Nichtbenutzung kann erst dann erhoben werden, wenn für einen Zeitraum von fünf Jahren kein Widerspruch mehr gegen die Marke möglich war. Der Widerspruch kann nach § 42 I 1 MarkenG innerhalb einer Frist von drei Monaten nach dem Tag der Eintragung erhoben werden, sodass für die am 30.05.2006 eingetragene Marke der K der Widerspruch noch bis zum 30.08.2006 möglich war. Die fünfjährige Benutzungsschonfrist endete somit am 30.08.2011.

2. Keine Benutzung i.S.d. § 26 MarkenG in den letzten fünf Jahren vor der Geltendmachung des Anspruchs

Eine Benutzung i.S.d. § 26 I MarkenG liegt vor, wenn sie vom Inhaber mit dessen Zustimmung für die Waren für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden sein, es sei denn, dass berechtigte Gründe für eine Nichtbenutzung vorliegen.

Vorliegend verleiht K Torjägerkanonen, wie von B ausgeführt werden diese jedoch nicht verkauft. Eine Benutzung im geschäftlichen Verkehr könn­te sich nur daraus ergeben, dass zugleich der Absatz der eigenen Sportzeitschrift gefördert wird. Dies resultiert jedoch mehr aus der Verleihung eines Preises und der Berichterstattung, nicht aus der Benutzung der Marke. Entsprechend liegt keine ernsthafte Benutzung für „Figuren, Statuen, Skulpturen und Trophäen aus Metall“ im Inland vor. Dies ist insbesondere der Fall für die letzten fünf Jahre vor der Geltendmachung des Anspruchs.[6]

3. Zwischenergebnis

Wurde der Anspruch nach dem 30.08.2011 geltend gemacht, steht dem Unterlassungsanspruch die Einrede der Nichtbenutzung entgegen.[7]

VI. Ergebnis

Zwar liegt ein Eingriff in den Schutzbereich der Marke der K vor, einem Unterlassungsanspruch der K steht jedoch die Einrede der Nichtbenutzung entgegen, sodass der K gegen B kein Unterlassungsanspruch aus § 14 II Nr. 2, III Nr. 2 MarkenG zusteht.

B. Unterlassungsanspruchs aus §§ 8 I, III Nr. 1, 3 I UWG i.V.m. §§ 4 Nr. 3a, b, 5 I, III Nr. 1 UWG

→ Hauptartikel:  UWG-02. Unterlassungsanspruch

Ein Unterlassungsanspruch der K könnte sich aus §§ 8 I, III Nr. 1, 3 I UWG i.V.m. §§ 4 Nr. 3a, b, 5 I, III Nr. 1 UWG ergeben, sofern eine unzulässige geschäftliche Handlung vorliegt, K aktivlegitimiert, B passivlegitimiert ist und Wiederholungsgefahr besteht.

I. Vorliegen einer geschäftlichen Handlung

→ Hauptartikel:  UWG-01.B.II. Geschäftliche Handlung (§ 2 I Nr. 2 UWG)

Hierfür müsste zunächst eine geschäftliche Handlung vorliegen. Das Anbieten der „Torjägerkanone“ auf der eigenen Webseite ist auf den natürlichen Handlungsentschluss einer natürlichen Person zurückzuführen und stellt eine Handlung zugunsten des eigenen Warenabsatzes und somit eine geschäftliche Handlung nach § 2 I Nr. 2 UWG dar.

II. Unzulässigkeit der geschäftlichen Handlung

Die Unzulässigkeit dieser geschäftlichen Handlung könn­te sich sowohl aus § 4 Nr. 3a, b UWG als auch aus § 5 I, III Nr. 1 UWG ergeben.

1. Unzulässigkeit nach § 4 Nr. 3a, b UWG

→ Hauptartikel:  UWG-06.D. Unzulässigkeit nach § 3 I UWG i.V.m. § 4 Nr. 3 UWG

Nach § 4 Nr. 3a, b UWG handelt unlauter, wer Nachahmungen der Waren oder Dienstleistungen von Mitbewerbern anbietet und hierdurch eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft herbeiführt oder die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistungen ausnutzt oder beeinträchtigt.

Grundvoraussetzung ist jedoch, dass B Mitbewerber der K ist. Nach § 2 I Nr. 4 UWG ist Mitbewerber jeder, der mit einem oder mehreren Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis steht. B betreibt eine Webseite, auf der Pokale, Glastrophäen und Medaillen zum Verkauf angeboten werden. K dahingegen ist Herausgeberin deiner Sportzeitschrift und verleiht die „Torjägerkanone“. Zwar richten sich beide an Sportinteressierte, aber K und B sind weder Nachfrager noch Anbieter gleichartiger Waren oder Dienstleistungen. Anhaltspunkte für das Bestehen eines mittelbaren Wettbewerbsverhältnisses sind nicht ersichtlich. K und B sind nicht Mitbewerber, sodass der Unlauterkeitstatbestand des § 4 UWG nicht erfüllt ist.

2. Unzulässigkeit nach § 5 I, III Nr. 1 UWG

Nach § 5 I, III Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung auch irreführend und somit unlauter, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarkten von Warne oder Dienstleistungen Verwechslungsgefahr mit der Marke eines Mitbewerbers hervorruft. Unabhängig davon, dass K und B keine Mitbewerber sind, sind im Rahmen der Anwendung des § 5 III Nr. 1 UWG die Wertungen des Markenrechts zu berücksichtigten, sodass – unabhängig von der fehlenden Mitbewerbereigenschaft – keine irreführende geschäftliche Handlung nach § 5 I, III Nr. 1 UWG vorliegt.

3. Zwischenergebnis

Es liegt keine unzulässige geschäftliche Handlung vor.

III. Ergebnis

Ein Unterlassungsanspruch der K ergibt sich auch nicht aus § 8 I UWG.[8]

C. Gesamtergebnis

K steht gegen B weder aus dem Markenrecht noch aus dem Recht gegen unlauteren Wettbewerb ein Unterlassungsanspruch zu.

Ergänzende Hinweise

[1] Hierzu führt das OLG Nürnberg aus: „Im vorliegenden Fall liegt mangels Warenidentität kein Fall der sogenannten Doppelidentität i.S.v. § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 MarkenG vor“ und fährt direkt mit der Prüfung einer möglichen Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Klagemarke fort.

[2] Das OLG Nürnberg stellt zur Kennzeichenkraft fest: „In die Gesamtwürdigung ist einzustellen, dass – auch wenn der Senat wegen der Bindung der Zivilgerichte im Verletzungsprozess an die Eintragung der Klagemarke dieser grundsätzlich einen gewissen Grad an Kennzeichnungskraft zuerkennen muss – die Bezeichnung „Torjägerkanone“ deutlich beschreibende Anklänge hat.“ Dies fließt die die (vom OLG Nürnberg unmittelbar geführte Abwägung der Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion ein“.

[3] Das OLG Nürnberg verneint die Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion mangels herkunftshinweisenden Gebrauch durch die Beklagte, insbesondere da „im Bereich des Fußballs die Verwendung von militärbezogenen Metaphern gerichtsbekannt üblich ist und die angesprochenen Verkehrskreise daran gewöhnt sind“, da „von der Verfügungsklägerin weder dargetan noch glaubhaft gemacht [wurde], dass einem großen Teil der angesprochenen Verkehrskreise bekannt ist, dass hinter der streitgegenständlichen Preisverleihung die Verfügungsklägerin oder ein anderes bestimmtes Unternehmen steht“, da das Zeichen „bei einer Gesamtbetrachtung des Angebots der Verfügungsbeklagten auf der Homepage – insbesondere aufgrund des darin erkennbar assoziativen Zusammenhangs zwischen den Zeichen ‚Torjägerkanon‘ bzw. ‚Torjäger-Kanone‘ und dem angebotenen Produkt – auf einen eher beschreibenden Kern zurückgeführt, bei dem die angesprochenen Verkehrskreise mehr eine Artikel- oder Modellbezeichnung für das angebotene Produkt als einen eigenständigen Herkunftshinweis erkennen“.

[4] Abweichend hiervon stellt das OLG Nürnberg fest: „Für die angesprochenen Verkehrskreise stellt sich die streitgegenständliche Verletzungshandlung durch die Verfügungsbeklagte nicht als Benutzung der Klagemarke in markenrechtlich relevanter Weise dar“.

[5] Das OLG Nürnberg geht nicht auf einen Ausschluss nach § 23 MarkenG ein.

[6] Das OLG Nürnberg führt aus, dass ein entgeltlicher Vertrieb nicht erforderlich ist, aber ein hinreichender Bezug auf die geschäftliche Tätigkeit erforderlich ist, für seine Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen und anschließend zu sichern. Daher stellt das OLG Nürnberg fest: „Die von der Verfügungsklägerin verliehene Auszeichnung an den besten Torschützen des Jahres dient daher nicht der Erschließung oder Sicherung eines Absatzmarktes […].“ Etwas anderes ergibt sich nach dem OLG Nürnberg auch nicht aus der Förderung der Sportzeitschrift, da „die Feststellung der rechtserhaltenden Benutzung […] für die konkreten Waren zu treffen“ ist.

[7] Zum selben Ergebnis gelangt das OLG Nürnberg mit der Begründet, dass es „an der Darlegung durch die darlegungsbelastete Verfügungsklägerin [fehlt], dass die Klagemarken zur Erschließung oder Sicherung eines Absatzmarktes für die Waren „Figuren, Statuen, Skulpturen und Trophäen aus Metall“ rechtserhaltend verwendet werden“.

[8] Zum Mitbewerberverhältnis führt das OLG Nürnberg aus: „Die Parteien stehen nicht im Substitutionswettbewerb zueinander, da sie nicht versuchen, gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen. Bei der Verfügungsklägerin handelt es sich um die Herausgeberin einer Sportzeitschrift, und die Verfügungsbeklagte bietet Pokale, Glastrophäen und Medaillen zum Verkauf an. Damit betätigen sich Parteien nicht auf demselben sachlich relevanten Markt“. In Hinblick auf einen lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutz lagen im keine „keine konkreten Tatsachen zur wettbewerblichen Eigenart des Wortzeichens „Torjägerkanone“ vor[…]“. Eine Verwechslung „erscheint dem Senat aufgrund der Gesamtumstände auch eher fernliegend“.

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Fall 1 – Torjägerkanone (OLG Nürnberg GRUR 2023, 75)

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