A. Grundlagen der Körperverletzungsdelikte

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Folgende grundlegenden Begriffe, Definitionen und Streitstände der Körperverletzung und der gefährlichen Körperverletzung sind hervorzuheben.

I. Der Tatbestand der Körperverletzung

Der Grundtatbestand der Körperverletzung richtet sich nach § 223 I StGB:

§ 223 I StGB | Körperverletzung
Wer eine andere Person körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit schädigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Entsprechend erfordert die Körperverletzung eine andere Person, die körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt wird.

Das taugliches Tatobjekt umfasst jeden lebenden Menschen. Der Ausschluss des werdenden Menschen wird aus einem Umkehrschluss aus §§ 218 ff. StGB geschlussfolgert. Der strafrechtliche Beginn des Menschseins tritt abweichend vom Zivilrecht mit dem Einsetzen der Eröffnungswehen bzw. beim Kaiserschnitt mit der Öffnung des Uterus ein, sodass der Schutzbereich der §§ 223 ff. StGB bereits mit dem Geburtsvorgang beginnt.[1]

Eine körperliche Misshandlung ist jede üble und unangemessene Behandlung, die das körperliche Wohlbefinden oder die körperliche Unversehrtheit nicht unerheblich beeinträchtigt.[2]

Erforderlich ist eine körperliche Auswirkung der Handlung, sodass ausschließlich geistig-seelische (psychische) Auswirkungen wie Ekel nicht ausreichen, eine dadurch verursachte körperliche Auswirkung wie Brechreiz kann jedoch (bei Überschreiten der Unerheblichkeitsschwelle) eine körperliche Misshandlung darstellen.

Eine Gesundheitsschädigung ist jedes Hervorrufen oder Steigern eines vom normalen Zustand der körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden (pathologischen) Zustandes.[3]

Umstritten ist, ob eine Gesundheitsschädigung besteht, wenn eine symptomfreie Erkrankung besteht.

Einer Ansicht nach ist mangels Symptome, die ein pathologischer Zustand wäre, eine Gesundheitsschädigung abzulehnen. Insbesondere sei die mit der symptomfreien Erkrankung verbundene Gefahr für Dritte nicht zu berücksichtigen, da § 223 StGB nur die körperliche Unversehrtheit des Einzelnen, aber nicht die Volksgesundheit schützt.[4] Entsprechend kommt nur eine Strafbarkeit wegen Versuchs in Betracht.

Anderer Ansicht nach ist jede Erkrankung aufgrund der dem Körper zugeführten Krankheitserreger und (hoffentlich) aktiviertem Immunsystem eine negative Abweichung vom Normalzustand und daher eine Gesundheitsschädigung.[5] Dieser Ansicht zufolge wäre eine vollendete Körperverletzung zu prüfen.

Umstritten ist, ob ärztliche Heileingriffe, somit medizinisch erforderliche Eingriffe zur Heilung eines kranken oder verletzten Menschen bzw. zur Wiederherstellung des gesunden körperlichen Zustands den Tatbestand der Körperverletzung entfallen lassen.

Teile der Literatur und die Rechtsprechung vertreten entgegenstehende Auffassungen.[6]

Teile der Literatur Rechtsprechung und großer Teil der Literatur
Lehre Ein lege artis („nach den Regeln der Kunst“) durchgeführter und von Heilungswillen getragener ärztlicher Heileingriff lässt den Tatbestand des § 223 StGB entfallen. Jeder Eingriff in die körperliche Unversehrtheit ist eine tatbestandliche Körperverletzung, kann jedoch gerechtfertigt sein.
Begründung
  1. Patientenwohl steht über dem Patientenwillen
  2. Ärztlicher Heileingriff ist keine „übliche und unangemessene Behandlung“ und führt nicht zu einem nachteilig abweichenden pathologischen Zustand
  3. Bei Gesamtbetrachtung stellt der Heileingriff teleologisch gewertet gerade das Gegenteil einer Körperverletzung dar, insbesondere das Unrecht eines Heileingriffs und einer (sonstigen) Körperverletzung ist nicht gleichstellbar
  1. Patientenwille steht über dem Patientenwohl
  2. Ein ärztlicher Eingriff beeinträchtigt im Vergleich zu einer „normalen“ Körperverletzung das Wohlbefinden un-verändert bzw. das Bestehen einer Approbation ändert nichts am Eingriff und ist kein Rechtfertigungsgrund
  3. Erfordernis der Einwilligung des Patienten erfordert und gewährleistet die vollständige Aufklärung des Arztes und schützt dessen Selbstbestimmungsrecht
Kritik
  1. Strafbarkeitslücken beim eigenmächtigen Vorgehen des Arztes und Beschränkung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten
  2. Die Erfüllung eines Tatbestands ist nicht mit einer Unrechtsbewertung verbunden

II. Die Qualifikationstatbestände nach § 224 I Nr. 1 – 5 StGB

1. Qualifikation nach § 224 I Nr. 1 StGB durch Beibringen von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen

[Dieser Abschnitt ist noch in Vorbereitung]

2. Qualifikation nach § 224 I Nr. 2 StGB durch Begehen mittels Waffe oder anderen gefährlichen Werkzeugs

[Dieser Abschnitt ist noch in Vorbereitung]

a. Körperteile als gefährliches Werkzeug

[Dieser Abschnitt ist noch in Vorbereitung]

b. Unbewegliche Gegenstände als gefährliches Werk­zeug

[Dieser Abschnitt ist noch in Vorbereitung]

c. Flüssigkeiten und Gase als gefährliches Werkzeug

Bei Flüssigkeiten und Gasen stellt sich unabhängig von ihrer Einordnung als „gefährlich“, die Frage, ob sie dem Wortlaut nach und unter Berücksichtigung ihres Aggregatzustandes ein Werkzeug darstellen können.

Hierbei ist zwischen

  1. dem Gefäß der Flüssigkeit oder des Gases,
  2. der Art der Einwirkung auf den Körper und
  3. der Wirkung der Flüssigkeit und des Gases zu differenzieren.

Überzeugender Ansicht nach können Flüssigkeiten und Gase selbst aufgrund ihrer physikalischen Eigenschaften und der Begrenzung durch den Wortlaut des Gesetzes nicht als Werkzeug eingestuft werden. Das Gefäß, in dem sich die Flüssigkeit oder das Gas befindet, kann unter Berücksichtigung der Art und Weise der Wirkung und der Art und Weise der Einwirkung auf den Körper ein gefährliches Werkzeug darstellen.[7]

d. Bestimmungsgemäß verwendetes ärztliches Werk­zeug als gefährliches Werkzeug

[Dieser Abschnitt ist noch in Vorbereitung]

Nachweise

[1] Vgl. bereits BGH NStZ 1973, 501.

[2] Zu dieser und abweichenden Formulierungen MüKoStGB/Hardtung, 4. Aufl. 2021, StGB § 223 Rn. 26 f. m.w.N.

[3] So Lackner/Kühl/Heger/Heger, 30. Aufl. 2023, StGB § 223 Rn. 5 m.w.N.

[4] So Hotz NStZ 2020, 320 (322).

[5] BGH NJW 1989, 781 (783, unter C.I.1) zur Ansteckung mit dem die Immunschwächekrankheit Aids hervorrufenden Humanen Immunmangel-Virus (HIV).

[6] Ausführlich MüKoStGB/Hardtung, 4. Aufl. 2021, StGB § 223 Rn. 73 ff. m.w.N.

[7] So auch MüKoStGB/Hardtung, 4. Aufl. 2021, StGB § 224 Rn. 15 m.w.N.

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